Wassersportler mit Bodenständigkeit (Lars Sittig, MAZ)

Wilfried Heydebreck (49) hockt auf einem Beton-Poller, vorne am Steg, und sagt diesen Satz sehr deutlich. Mit Abwehrhaltung, er wiederholt die Worte sogar noch einmal für das Diktiergerät: “Wir sind kein Protzverein.” Der Vorsitzende der Seglervereinigung “Einheit” Werder 1952 erklärt gleich noch, wie man es anstellen will, auch in Zukunft kein Protzverein zu werden: “Wenn wir jemanden aufnehmen, stellen sich zwei Fragen: Will er sich mit seiner Hände Arbeit einbringen. Oder will er alles mit Geld erschlagen. Dann muss er sich in einem Nobelclub anmelden. Dann ist er bei uns falsch.”

Heydebreck ist hier richtig, seit 1967. Vor acht Jahren wurde der Angestellte eines Kreditinstituts zum Vorsitzenden gewählt. Ehrenamtlich, selbstverständlich. Wenn er referiert, hat er alle Daten im Kopf: 2700 Quadratmeter Fläche hat das Vereinsgelände am Rande der Inselstadt. 170 Mitglieder, davon sind 35 Kinder und Jugendliche. 70 Boote sind an den Stegen vertäut. Und natürlich das Jubiläum: 50 Jahre ist der Verein geworden. Am Wochenende wird sich die beschauliche Anlage zwei Tage lang ab 9 Uhr (nähere Infos auch unter www.sv-einheit-werder.de) in ein Festgelände verwandeln. Zu Wasser und zu Lande: Auf der Vereinswiese gibt es Livemusik, Big Band und ein klassisches Kammerkonzert, auf See den “Havelpokal”, eine von drei jährlichen Regatten.

Eigentlich setzen die Feierlichkeiten ein halbes Jahr zu spät ein, aber das Jubiläumsdatum, der 23. Dezember 2002, ist ein bisschen ungünstig für derartige Großveranstaltungen, selbst wenn der Verein zu einer Art Ersatzfamilie geworden ist. “Einen Tag vor Weihnachten, dass geht nicht.” Als 1990 die deutsche Einheit kam, ist der SV Einheit ganz sachte hinübergeglitten in das neue Gesellschaftssystem – wie eine Jolle in ruhigem Wasser. “Wir haben unsere Vereinsordnung zu einer Vereinssatzung umbenannt, ins Vereinsregister eintragen lassen, dass war’s.” Ohne anschließende Nachwende-Flaute, es gab auch keine Rückübertragungsansprüche auf den idyllischen Ort: Als die Segler auf dem Vereinsgelände vor Anker gingen, war dort die ortansässige Hausmülldeponie. Mit zwei Jollen und insgesamt 28 Quadratmetern Segelfläche hatte 1952 alles begonnen.

“Jedes Jahr hat sich etwas verändert”, sinniert Heydebreck. Eine Teerstraße wurde angelegt, Bollwerke, Bootshallen und Vereinsräume gebaut, mit einem sowjetischen T-34-Panzer wurde die Slipanlage für die Boote angeliefert. Alles was man braucht. Nur glitzernde Statussymbole machen einen Bogen um diesen Ort. Keine Protzjachten funkeln in der Sonne. Die Einheit-Flotte ist eher alt: “Viele Boote stammen noch aus der DDR”, berichtet Heydebreck. “Immer mit zwei gesunden Beinen auf dem Boden bleiben. Das ist unsere Philosophie.”