Die 5-Stunden-Wettfahrt, letzte Frühjahrs-Veranstaltung im Revier Potsdam, lockte wieder zahlreiche Teilnehmer:innen auf den Schwielowsee. Mehr als zwanzig Kielyachten und acht Jollenkreuzer hatten sich eingefunden, obwohl die Wettervorhersagen eher abschreckend ausgefallen waren. Starker böiger Wind, das ginge ja noch, aber auch ergiebige Schauer waren nicht ausgeschlossen.

2017 hatten Margot und ich den damals erstmalig ausgesegelten Pokal für die Älteste Mannschaft nach Werder geholt. Dies war jedoch der Tatsache zu verdanken, dass das Ehepaar Fischer in diesem Jahr nicht gemeldet hatte, denn seit 2018 steht dieser Pokal nun schon bei SGS.

Um das zu ändern müsste ein deutlich älterer Sportfreund mitkommen, der fit genug sein sollte, daran auch noch etwas Spaß zu haben. Die Suche nach einem derartigen Mittäter war angesichts dieser Wetterprognosen leider ein aussichtsloses Unterfangen, so dass der Pokal ein weiteres Jahr bei SGS verbleiben wird.

Der zu meiner Unterstützung angeheuerte und nur ein Jahr jüngere Sportfreund hatte kurzfristig abgesagt. Deshalb kam ich am Sonnabendvormittag als Alleinsegler nach Ferch, zahlte mein Startgeld und machte mich auf den Weg.

Die Potsdamer Wetterstation hat diesen Tag wie folgt archiviert:

Zur Startzeit war es angenehm warm und ein frischer Westwind versprach nach dem Runden der Süd-Tonne eine flotte Halbwindfahrt zur Nord-Tonne. Die etwas chaotischen Signale vom Startboot versuchte ich gar nicht erst zu verstehen, – ich startete einfach, als ich sah, dass die Jollenkreuzer sich auf die Kreuz zur Süd-Tonne machten. Nach deren Rundung zeigte ein kritischer Blick, dass fast das gesamte Feld vor mir war. In der Nähe ein älteres R-Boot mit drei jungen Seglern, das wären vielleicht passende Mitspieler! Sie sahen auch zu mir rüber und fingen an, die Segel zu trimmen. Mal waren sie vorn, dann ich, und es gelang  mir auch zweimal, ihre Versuche abzuwehren, in die Luvposition zu kommen. Noch hielten sich auch die Böen in Grenzen, es war unbeschwerter Segelspaß auf beiden Booten.

Die erste Halse an der Nord-Tonne war noch etwas fragwürdig, da das gleichzeitige Dichtnehmen zweier Segel eigentlich vier Hände benötigt hätte. Später,  bei der zweiten,  ging es schon besser, denn ich hatte die Fock schon ganz kurz vorher back und dicht gesetzt.

Einer der 15-er, die deutlich vor mir gerundet hatten, versuchte sein Glück mit einem Leebogen, schien aber dort ungünstige Winddrehungen vorzufinden. Deshalb ging ich erst einmal höher an den Wind, auch, um bei weiter auffrischendem Wind dann raumer ablaufen zu können. Diese Rechnung ging auf, – ich konnte vor ihm die erste Runde abschließen und auch einen weiteren 15-er einholen. Nach ca. zwei Stunden Segelzeit zu Beginn der dritten Runde hatten die drei Jungs auf dem R-Boot mir dann aber eine Minute „abgeknöpft“.

Allerdings ist bei dieser Regatta die endgültige Positionierung Nebensache, denn Sieger ist, wer nach berechneter Zeit die schnellste Runde schafft, egal, wie viele Runden er insgesamt erreicht hat.

Während der dritten Runde legte der Wind dann aber so zu, dass ich es geratener fand, die Fock wegzunehmen, so dass die notwendigen Manöver weniger riskant waren. Der Nachteil: meine Spielgefährten zu dritt auf der hohen Kante hatten diese Vorsicht erst um einiges später nötig und entfernten sich mehr und mehr.

Ein wenig Feuchtigkeit von oben und ein Blick in den immer dunkler werdenden Himmel machte ein umständliches „Umzugsmanöver“ notwendig, denn es wäre wenig ratsam gewesen, die Regenjacke hastig über die  automatische Schwimmweste  zu ziehen!

Was dann kam war nichts für Warmduscher. Ein Glück, dass es sich zeitig genug angekündigt hatte und das Großsegel ohne Vortriebsminderung weiter aufgefiert werden konnte, so dass das aus dem Segel herabströmende Wasser mich nicht zusätzlich traf. Wahrscheinlich hatten wir es nur dem starken Wind zu verdanken, dass dieses kalte Intermezzo von relativ kurzer Dauer war.

Die chaotischen Windverwirbelungen am südlichen See-Ende führten immer wieder dazu, dass man sich bei der letzten Wende zum „Tonnenanlieger“ gründlich verschätzte!  Dieser Nervenkrieg fand aber noch eine Steigerung, als ca. zwanzig Minuten vor dem „Abpfiff“ der Wind plötzlich massiv  abflaute. Das Ziel fast zum Greifen nah, das Boot kaum in Bewegung und der Minutenzeiger unerbittlich auf die Zwölf vorrückend, das war Horror pur.

Noch nie war es mir vergönnt, bei dieser Wettfahrt fünf Runden zu schaffen. Sollte es diesmal wieder misslingen, obwohl nach vier Runden die durchschnittliche Rundenzeit deutlich unter einer Stunde lag?  – Nach einer qualvoll gefühlten Ewigkeit dann doch wieder eine leicht geblähte Fock und der Hauch kam auch noch aus der richtigen Richtung, die Tonne kam näher. Zwei Minuten und zwölf Sekunden vor Schluss war ich „durch“! Knapp acht Minuten vor mir hatten es auch die drei R-Boot-Segler geschafft.

Aber wie schon gesagt, die Zahl der Runden war für die Gesamtwertung belanglos. Von der schnellsten Runde durfte ich nicht einmal träumen, denn bei diesem Wind fehlte mir einfach das nötige Gewicht auf der hohen Kante. Platz 7 in der Gesamtwertung und als Trostpflaster die Silbermedaille in der Altersklasse 3 (über 65), das war es dann.

Besser sah es in der Kielboot-Klasse aus, denn Volker nebst Frau waren mit ihrer „Anna- Luise“ ebenfalls für Werder angetreten. Sie konnten die fünftschnellste Runde für sich verbuchen und errangen, ebenfalls  in ihrer Altersklasse, eine Silbermedaille.

Die Siegerehrung fand coronabedingt nur im kleinen Kreis statt. Außer dem Sieger-Pokal gab es in der normalen Wertung Urkunden bis zum sechsten Platz und dazu eine Flasche Wein für die jeweils ersten Drei. Sportfreund Fischer, stellvertretend für die SGS, benötigte einen Karton für seine erfolgreichen Vereinsmitglieder. Da die Veranstaltung in diesem Jahr aber auch wieder Teil der Seniorenfestspiele des Landes Brandenburg war, kamen noch die Medaillen für die drei Altersklassen bei Jollenkreuzern und Kielbooten dazu. Auch die sportliche Leistung der beiden Einhandsegler – (bei den Kielbooten war ebenfalls ein Sportfreund betroffen) – fand lobende Erwähnung.

Für den Stander war es allerdings zu viel. Er muss nun einem Nachfolger Platz machen.

 

Die Wettfahrtleitung war wirklich nicht zu beneiden. Unter Zeitdruck die ganze Rechnerei wegen der jedem Boot zugeordneten Yardstick-Zahl, und dann noch das handschriftliche Anfertigen der Urkunden, auf denen möglichst kein Name fehlen sollte.  Dafür gebührt den Sportfreunden hohe Anerkennung!

Alles in Allem war es ein aufregender Segeltag, den ich in meiner Erinnerung auf keinen Fall missen möchte und der schon jetzt die Vorfreude auf hoffentlich nächstes Jahr weckt!

 

Hans Friedrich